Zum fünften Mal Europa InTakt - Musik und Inklusion

Workshops und Konzerte von 21.-24. September 2022 in Dortmund

Europa InTakt 2022 - Classic goes digital

Classic goes digital. Warum? Überall in Europa haben sich in den letzten Jahren erfindungsreiche Menschen neue Medien überlegt, die Menschen mit Behinderung beim Musikmachen unterstützen. Alte Instrumente werden mit Sensoren versehen, neue Instrumente erfunden und Computerprogramme weiterentwickelt. Das traditionelle Musikmachen, das klassische Spielen eines Instruments – classic – wird erweitert um die Erzeugung von Klängen mit elektronischer Hilfe – digital.  

Classic versus digital? Nein. Classic goes digital! Zusammen und interdisziplinär geht es weiter. Mit Komposition und Improvisation, mit Reproduktion, Variation und Experiment. 


Inklusion ist Avantgarde! Auch und gerade in der Musik! Inklusion ist Kreativität - und gute Musik! 

Dokumentation der Veranstaltungen Europa InTakt 2022


Einführungsfilm https://www.youtube.com/watch?v=vZ7w5l_3N3c  


I Konzerte 


21. 09. 2022 

piano plus, Dortmund  

KeKeCa, Bodypercussion und Soundshirt, Istanbul : Alla Turca - https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=bKdJgzSzye4 

Yanna Pelser Trio mit Karin van Dijk und Florine Joosse, Rotterdam - https://www.youtube.com/watch?v=6tUHOrBGuok

 

22.09.2022 

Tabula Musica, Bern - https://www.youtube.com/watch?v=Zibudb0VItw  

Hands off Music, Köln - https://www.youtube.com/watch?v=y31UuZZG4Kw 

Good People Orchestra, Novi Sad, Serbien - https://www.youtube.com/watch?v=g4beXBzml60 

KeKeCa, Bodypercussion, Istanbul, Mitmachaktionen - https://www.youtube.com/watch?v=UAQCoXkrJo8 ; https://www.youtube.com/watch?v=UAQCoXkrJo8&t=132s 

studio 13 jazzensemble, Dortmund  - https://www.youtube.com/watch?v=MNfbCVm-kgE&t=190s 

motion composer - https://www.youtube.com/watch?v=LBPImFz-4E8&t=113s 


23.09.2022 Tanzorchester Paschulke  


II Workshops 

22.-24.09.2022 Soundwhackers - Sling-Orchester - Bodypercussion und Soundpainting - Musik-Apps


III Abschlußkonzert Europa InTakt 2022  

24.09.2022 

Konzert: piano plus - https://www.youtube.com/watch?v=evj6gkhl1MI 

Workshopergebnisse: Soundwhackers and Lightpainting - https://www.youtube.com/watch?v=9quSLQXPUYo&t=313s 

Workshopergebnisse: Sling-Orchester - https://www.youtube.com/watch?v=hW0bBbAgfDY&t=73s 

Workshopergebnisse: Bodypercussion und Soundpainting - https://www.youtube.com/watch?v=cRh8sho1qEE&t=18s 

Workshopergebnisse: Musik-Apps - https://www.youtube.com/watch?v=Kox1Dw8PZxY 


Abschluß: Europa InTakt 2022 piano plus - Ode an die Freude - https://www.youtube.com/watch?v=6TSwbouHzcU 



Alle Fotos aller Veranstaltungen © Oskar Neubauer

I Konzerte 

Erstes Konzert am 21. 09. 2022

Alle Fotos © Oskar Neubauer

Die St. Marienkirche ist die älteste der vier mittelalterlichen Stadtkirchen Dortmunds. Mit dem Bau begonnen wurde um 1170. Nach einer wechselvollen Geschichte von Bau und Umbau, Zerstörung und Wiederaufbau, steht der Stadt und der Gemeinde ein Gebäude mit alten Mauern und modernen Fenstern, mit mittelalterlichen Kleinodien und einer neuen Orgel zur Verfügung. Ein Ort der Ruhe, ein Ort der Musik. 


Zwei Abende lang war die St. Marienkirche Dortmund ein wunderbarer und gastfreundlicher Ort für Musik und Inklusion.   


Eröffnet wurde Europa InTakt 2022 durch Herrn Jürgen Dusel, den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. In seiner Rede betont er die Bedeutung der Kultur für die Gestaltung einer inklusiven demokratischen Gesellschaft. Das Motto seiner Amtszeit: "Kultur braucht Inklusion - Inklusion braucht Kultur". 


"Sie leisten hier Demokratiearbeit" - so sein Kommentar zu Europa InTakt. 


Im Hintergrund die Gebärdensprachdolmetscherin Esther Marie Schuler. 

piano plus

Das inklusive Ensemble piano plus wurde im Zusammenhang mit dem Dortmunder Modell: Musik 2011 gegründet und von Anbeginn an bis heute von Claudia Schmidt geleitet. Claudia Schmidt schreibt auch die Arrangements mit Stimmen, die den jeweiligen Fähigkeiten der Musikerinnen und Musiker gerecht werden  - für drei Pianos, Streicher, E-Gitarre und Stimmen. Das Ensemble spielt eine Mischung aus Minimal Music, Weltmusik, Jazz und Klassik. Es tritt deutschlandweit auf und war zu Konzerten in in Rio de Janeiro und Sao Paulo. 

Seit November 2017 ist piano plus ein inklusives Ensemble im Bochumer Modell an der Musikschule Bochum. Mehr unter https://pianoplus.tumblr.com/    


Konzentriert bei Aufbau, Soundcheck und Auftritt

Der Marienaltar des Conrad von Soest entstand um 1470. Er verleiht jedem Konzert einen sanften Glanz. 

Zum Ensemble piano plus gehören Antonia Wohlgemuth, Vocal - Anna Reizbikh, Vocal - Bastian Ostermann, Vocal - Hoang Tam Do, Piano - Philipp Rausch, Piano - Jona Scholz, Bass - Konstantin Sippl, Drums - Philipp Kreperat, Gitarre - Alex Pinto, Violine - Frieda Arvelase, Violine - David Müller, Klarinette - Linda Fisahn, Percussion. Arrangements und Leitung: Claudia Schmidt (rechts) 

KeKeÇa - Bodypercussion aus Istanbul 

Das Ensemble KeKeÇa wurde 2002 von Tugay Başar und Timuçin Gürer in Istanbul gegründet. Seit 2008 sind Gökçe Gürçay, Ayşe Akarsu und Özgü Bulut dabei (https://www.kekeca.net/about/).  KeKeÇa ist mit künstlerischen Auftritten in aller Welt Teil der internationalen Body-Music-Szene, war 2007 beteiligt am ersten IBMF - International Body Music Festival - in San Francisco und im Jahr 2012 selbst Gastgeber für dieses Festival in Istanbul. Ihre Freude an der Diversität der Menschen bringt das Ensemble zu Workshops und Kursen an zahlreiche Institutionen, an Universitäten und zu nationalen und internationalen Festivals. An der Anadolu Universität in Eskişehir arbeitet KeKeÇa seit vielen Jahren mit gehörlosen Studierenden. Mit einer Gruppe aus Eskişehir  war KeKeÇa  bereits Gast bei Europa InTakt 2010. 

Classic goes digital - auch in der Bodypercussion? Eine spielerische Erweiterung des Klangrepertoires der Bodypercussion wird durch die Entwicklung sogenannter "intelligenter Textilien" ermöglicht. "Intelligente Textilien" wurden und werden oft in der Medizin und im Sport eingesetzt, sie erweitern aber auch die Möglichkeiten des Musikhörens und -machens. Die Idee: Ein T-Shirt wird mit Sensoren versehen, die bei Berührung einen vorab beliebig programmierbaren Sound entstehen lassen. 

Der Tüftler und Erfinder Patrick Schäfer - siehe Workshop Soundwhackers - hat ein   Kleidungsstück entwickelt, das bei Berührung an bestimmten Stellen Klänge entstehen lässt. 

Bodypercussion und das Rondo Alla Turca 

Mozarts dritter Satz der Sonate Nr. 11 A-Dur KV 331 ist das populäre Allegretto - Rondo alla Turca. Mozart hat, wie auch Haydn oder Beethoven, mehrfach auf den Klang der Militärmusik der Elitetruppe des türkischen Sultans, der Janitscharen, Bezug genommen. War in den Partituren der Zeit vermerkt "Türkische Musik", so war klar, dass die Instrumente Trommeln, Becken, Triangel und Schellenbaum gemeint waren. Diese Art des Orientalismus war zu Mozarts Zeiten musikalische Mode geworden - nachdem hundert Jahre zuvor das Heer des türkischen Sultans vor Wien von europäischen Truppen geschlagen worden waren. 

Im "Rondo alla Turca" klingen also gleichsam "im Hintergrund" Trommeln, Becken, Triangel und Glöckchen mit - warum diese nicht über ein intelligentes Shirt in der Bodypercussion hörbar machen? 

Patrick Schäfer wurde also tätig, die "technical devices" gingen hin und her - und KeKeÇa erarbeitete ein neues Stück: Mozart in Begleitung durch Bodypercussion. Was anfangs einfach schien, wurde nach und nach komplizierter - und schließlich funktionierten im Konzert doch nicht alle Effekte. Auf den Schultern der beiden Bodypercussionisten Ayse und Timucin befanden sich Aluminiumstreifen, die den begleitenden Klang von großer Trommel (kös), kleinen Trommeln (nakkare), Zimbeln (zil) und Glocken (çevgen) zum letzten Abschnitt von Mozarts Rondo auslösten. Allerdings: Der Streifen für die kleinen Trommeln funktionierte nicht - und im Auditorium hörte und verstand auch sonst fast niemand, was da vor sich ging. Es gibt also noch viel Entwicklungspotential.... 

Alle Beteiligten haben Lust, weiter an der Idee des Soundshirt zu arbeiten. Mal sehen, was dabei herauskommt. 

KeKeÇa - Rondo Alla Turca 

Von links nach rechts: Özgü Bulut, Gökce Gürcay, Ayse Akarsu, Timucin Gürer und Oliver Reith, Pianist

Yanna Pelser -Trio mit Karin van Dijk und Florine Joosse, Rotterdam 

Die Stiftung My Breath My Music in Rotterdam unterstützt seit 2008 Menschen mit Komplexer Behinderung darin, zu Hause und öffentlich Musik zu machen. Ruud van der Wel entwickelt zusammen mit befreundeten Spezialisten neue elektronische Musikinstrumente und z.B auch Software, die das Musizieren durch Blick auf den Laptop ermöglicht. Die Homepage der Stiftung informiert über alle Entwicklungen und Aktivitäten (https://mybreathmymusic.com/de/). 

Yanna Pelser, Bratschistin und Musikpädagogin mit Master-Abschluss des Studiengangs 'Teachers Training Resonanzlehre, Musikphysiologie für Musiker' in Berlin, arbeitet mit der Stiftung My Breath My Music in pädagogischen und künstlerischen Bereichen zusammen. Eine Form der Zusammenarbeit ist   der öffentliche Auftritt des Yanna Pelser-Trios mit Karin van Dijk und Florine Joosse. Möglich wurde diese Zusammenarbeit durch die Unterstützung von North Sea Round Town (https://www.northsearoundtown.nl/), dem fringe festival von NN North Sea Jazz. 

Karin van Dijk ist Spielerin und Botschafterin der "Magic Flute", einer elektronischen Flöte, die ohne Hände gespielt werden kann (https://mybreathmymusic.com/de/karin). Die Tonhöhe wird durch die Bewegung des Kopfes nach oben oder unten bestimmt (https://mybreathmymusic.com/de/magic-flute). 

Florine Joosse fehlen von Geburt an einige Finger und ein Bein - das hindert sie aber nicht, sich zur Sängerin und Singer-Songwriterin zu entwickeln (https://mybreathmymusic.com/interview-met-florine-joosse). 

Für Europa InTakt 2022 wird das Yanna Pelser-Trio zum Quintett... 

Von links nach rechts: Joel Siepmann, Pablo Rodriguez, Karin van Dijk, Yanna Pelser, Florine Joosse 

Zweites Konzert am 22.09.2022 

Alle Fotos © Oskar Neubauer


Tabula Musica, Bern

Tabula Musica wurde 2017 in Bern von professionellen Musikerinnen und Musikern gegründet (https://tabulamusica.ch/orchester/). Das Orchester verbindet traditionelle Instrumente wie Geige, Gitarre und Klarinette mit musiktechnologischen Instrumenten wie Soundbeam und Skoog. Die künstlerische Leitung lässt anspruchsvolle Musik mit einem deutlichen Anteil Neuer Musik entstehen.

Tabula Musica in Bern ist ein Zentrum für barrierefreies Musizieren und ein Pionier der inklusiven Musikausbildung. Seit 2017 proben und musizieren Musikschaffende mit und ohne Beeinträchtigungen in einem inklusiven Orchester mit großer Diversität dank individuell angepassten Methoden. Bis 2022 soll Tabula Musica als musikalische Ausbildungsstätte etabliert und in eine Hochschule integriert sein - so die Homepage von Kultur inklusiv  (https://www.kulturinklusiv.ch/de/label/labelpartner/tabula-musica-214.html). 

Für Tabula Musica der erste Auftritt außerhalb der Schweiz! Es spielten: Lukas Schmidt (Soundbeam), Christa Stein (Soundbeam), Sebastian Illing (E-Gitarre), Leonie Schaffner (Drums), Olivier Schütz (Skoog), Lorena Dellenbach (Keyboard) und Denis Huna (Geige). Musikalische Leitung: Noel Schmidlin und Denis Huna. 

Mehr unter  https://www.facebook.com/tabulamusica/ 

Hands Off Music, Köln

Die Anna-Freud-Schule in Köln mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung hat einen besonderen Schwerpunkt in Musik. Die Entwicklung barrierefreier Musikinstrumente ist seit etwa 2012 das Ziel des Projekts "Hands Off Music" (http://www.anna-freud-schule.de/index.php/schulleben/kultur#handsoff-music). Der Musiklehrer Ralf Kurley - heute ist er nicht mehr an der Schule - hat mit dem Globophon nicht nur einen "absoluten Hingucker" gebaut, sondern auch ein Instrument, das mit leichtester Handbewegung gespielt werden kann.  "Das Instrument, das optisch an eine Verbindung aus UFO und Heizpilz erinnert, reagiert mithilfe von Sensoren auf Schattenspiel. Vier Personen können gleichzeitig und gemeinsam einen Klang-Teppich weben und mit verschiedenen Sounds eine stimmungsvolle Atmosphäre schaffen" (http://www.anna-freud-schule.de/index.php/aktivitaeten/news/512-globophon-on-tour). 

Tobias Dehler und Barbara Roeder unterrichten nun das Spiel mit diesem Instrument - und reisen mit Schülerinnen und Schülern zu ihren Auftritten.  So auch nach Dortmund. 

KeKeÇa - Bodypercussion aus Istanbul - Mitmachaktion

Good People Orchestra, Novi Sad

Das Ensemble Good People Orchestra hat seinen Sitz in der Schule Milan Petrović im Stadtteil Novo Naselje in Novi Sad. Gegründet 1958 war und ist sie eine Förderschule im Elementar- und Sekundarbereich. Novi Sad ist in 2022  Kulturhauptstadt Europas und die Institution Dr. Milan Petrović ist eine der "Schulen der Zukunft" in Novi Sad, eine Auszeichnung für Einrichtungen, die sich in besonderer Weise um die Vermittlung kultureller und künstlerischer Kreativität kümmern (https://visitns.rs/en/2022/04/06/schools-of-the-future-as-art-scenes/). 

Das Good People Orchestra, gegründet und geleitet vom Profi-Musiker Zarko Sebic, ist international aufgestellt und verortet und arbeitet im Rahmen der Arbeit des "Regional Youth Cooperation Office - RYCO" z.B. mit Jugendlichen aus Albanien zusammen. Es setzt vielfach den Soundbeam, aber auch andere elektronische Instrumente ein. Musikalisch ist Folklore, Blues, Jazzimprovisation aber auch Klassik zu hören. 

Robert Wechsler: Motion composer

Der Tänzer Robert Wechsler war seine künstlerische Karriere hindurch mit Tanz und Technologie befasst, bereits 1974 zeigte er "seinen ersten interaktiven Tanz mit selbstgebauter Elektronik" (http://www.robertwechsler.de/) Das Zusammenspiel von Bewegung, Technologie und Musik hat zur Entwicklung des "Motion Composer" geführt, einem sensorbasierten Gerät, das Bewegung in Töne umsetzt. 

Die Funktionsweise des Motion Composer macht Wechsler durch experimentelle Praxis deutlich: Er bittet Menschen mit dem Ziel auf die Bühne, die Funktionsweise des Mediums zu erproben und so spontan Bewegung in Musik umzusetzen. Über das Tablet wird der Sound gewählt, der erklingen soll, wenn eine oder zwei Personen sich vor dem kleinen weißen Gerät bewegen, das auf den Fotos weiter unten zu sehen ist.  

studio 13 jazz ensemble, Dortmund 


Von links nach rechts: Anna Reizbikh, Vocal - Tieu Kha Vu, Keyboard (Bass) - Hendrik Lensing, drums - Philipp Kreperat, Gitarre 

Drittes Konzert am 23.09.2022

Alle Fotos © Oskar Neubauer

Tanzorchester Paschulke 

Im Rahmen des dreijährigen Projektes „Dortmunder Modell: Musik“  an der Technischen Universität (TU) Dortmund, das in den Jahren 2010 bis 2013 durchgeführt wurde, entstanden unter der Leitung von Claudia Schmidt mehrere neue Ensembles, unter ihnen auch das Tanzorchester Paschulke. Um "Hausmeister Paschulke" ranken sich Geschichten eines nicht sehr eifrigen Zeitgenossen, musikalisch erklingt ruhrpottkulturelles Multikulti, verbunden mit tänzerischen Einlagen der umso aktiveren Putzteufel. Die energiereiche Musik des Balkans mit hohem Bläseranteil ergibt einen ganz eigenen und sehr tanzbaren Stilmix, den die Band Ruhrpott-Balkan getauft hat. 

DiS

Der Verein "gesamtkunstwerk", 2008 gegründet als "kultur integrativ", organisiert in zweijährigem Abstand das Festival DiS - Dortmunder inklusives Soundfestival (https://www.gesamtkunstwerk-ev.de/dis). Der Termin des Paschulke-Auftritts im Rahmen des DiS 2022 war mit dem Terminplan von Europa InTakt 2022 verschränkt: Die international angereisten Ensembles sollten das Tanzorchester Paschulke kennenlernen. 

Dennis Sonne, Abgeordneter der Grünen im Landtag NRW, Kulturpolitiker und Rapper, eröffnete den Abend. DiS goes everywhere!  

Bastian Ostermann, Vocal - Carsten Schnathorst, Vocal -  Mike Herget, Rap - Dimitrij Markitantov, Altsaxophon -  Eddy Held, Trompete - Gerd Jentzsch, Posaune, Arrangements - Richard Hilker, Posaune -  Tobias Müller, Gitarre Time Gorgiev, Akkordeon - Stephan Lucka, Bass .- Marc Pawlowski, Drums - Linda Fisahn, Performance -  Jan Hinrichs, Performance - Anna Hönke, Performance - Musikalische Leitung und Arrangements Claudia Schmidt

II Workshops

Alle Fotos © Oskar Neubauer

In einem Zeitbudget von fünf mal zwei Stunden, verteilt auf Donnerstag, 22. 09., Freitag, 23. 09. und Samstag, 24.09.,  wurden in den Workshops technische Informationen ausgetauscht und musikalische Ereignisse generiert. Ein Ziel - neben anderen - war die Erarbeitung einer musikalische Kurzpräsentation für das Abschlusskonzert

Workshop Soundwhackers

Leitung: Patrick Schäfer, Saarbrücken 

Patrick Schäfer ist Musiker, Lehrer an der Förderschule körperliche und motorische Entwicklung am Webersberg (Homburg) und am Kaufmännischen Berufsbildungszentrum Saarbrücken Halberg. Er ist Gründer des Appmusik-Projektes iBand-Saar und Entwickler der „Soundwhacker“. Seit 2015 führt er u.a. Fortbildungen am Landesinstitut für Pädagogik und Medien des Saarlandes (LPM) durch (http://musik-mit-apps.de/patrick-schaefer/;).


Die Soundwhackers sind eine elektronische Erweiterung der bekannten Boomwhacker, die längst Einzug in die Musikpädagogik aller Schularten und Jahrgangsstufen gehalten haben. Patrick Schäfer hat immer neue Ideen, wie die Funktionsweisen der Boomwhacker erweitert werden können. Die aktuelle Erweiterung der Soundwhacker durch Microbits wird über Halterungen umgesetzt, die Schäfer mit seinem 3D-Drucker ausdruckt. 

Die Materialien für die neu entwickelten Soundwhackers werden im Workshop zur Verfügung gestellt, die Soundwhackers gehen in das Eigentum der Teilnehmenden über. 

Workshop Sling-Orchestra  

Leitung Ruud van der Wel, Rotterdam 

Wie kann man mit den Augen Musik machen? Kann man die Flöte ohne Hände spielen? Wie spielt man ein elektronisches Saxophon mit einem Arm? Wie spielst du Keyboard mit deiner Kopfstütze? In diesem Workshop präsentiert Ruud van der Wel mit zwei Assistentinnen, Mareike Ziegler und Katharina Kauruff einige der Instrumente der My Breath My Music Foundation. Die Instrumente werden zum Experimentier- und Erprobungsfeld, es werden aber auch die Lehrmethoden gezeigt und Wege, wie mit gesampelten Instrumenten und (virtuellem) MIDI ein guter Sound erzielt wird. Damit alle Beteiligten erleben können, wie es ist, mit einer Behinderung ein Musikinstrument zu spielen, werden Armschlingen verteilt, wie sie getragen werden, wenn ein Arm nicht bewegt bzw. geschont werden soll. Deshalb der Workshoptitel "Sling-Orchestra". Beim Abschlusskonzert wird ein kleines "Sling-Orchester" auftreten.

Ruud van der Wel ist Atemtherapeut in Rotterdam. Er arbeitet mit schwer behinderten Kindern, von denen die meisten von einer fortschreitenden Muskelerkrankung betroffen sind. Im Jahr 2000 begann er mit der Entwicklung und dem Einsatz von elektronischen Blasinstrumenten. 2005 startete er die Website www.mybreathmymusic.com. Inzwischen gibt er seine Erfahrungen und musikalischen Praktiken in ganz Europa weiter. 

Workshop Bodypercussion und Soundpainting 

Leitung: Ensemble KeKeCa, Istanbul

Timucin Gürer, Ayse Akarsu, Özge Bulut und Gökce Gürcay (Soundpainting)

Der Körper ist das Hauptinstrument in diesem Workshop. Klatschen, Schnipsen, Patschen und Stampfen sind einige der Klanggesten, mit denen Bodypercussion arbeitet.  Ursprünglich war gedacht, den Körperklang durch den Einsatz eines "Soundshirts" zu erweitern - aber die Entwicklung dauert noch. Deshalb diesmal "nur" Bodypercussion und Soundpainting.

Soundpainting ist eine universelle „Signlanguage“ oder Zeichensprache für Musiker, Schauspieler, Tänzer und bildende Künstler.  Mit Hilfe von abgesprochenen Gesten werden kleinere oder auch größere Gruppen live komponierte Stücke entstehen zu lassen. Bei dieser Arbeit  wechseln die Rollen. Jede und jeder kann sowohl auf die Zeichen reagieren – Folgen - als auch als in leitender Funktion zum Soundpainter werden - Führen. Die Soundpainting-Sprache wurde 1974 vom Komponisten und Dirigenten Walter Thompson, New York, entwickelt.

Das KeKeÇa Body Percussion Ensemble wurde 2002 in Istanbul gegründet und hat sich schnell einen international anerkannten Ruf als ein Ensemble erworben, das sowohl künstlerisch als auch pädagogisch arbeitet. Von Beginn der Aufführungen und Workshops an waren Menschen mit Behinderungen beteiligt, so ist Inklusion ein selbstverständlicher Teil ihrer Arbeit. (https://www.kekeca.net/

Workshop Musik-Apps 

Leitung: Sven Kirsten, Bochum

Der Mehrwert von Musik-Apps für Menschen mit geistiger Behinderung wird immer noch diskutiert – er kann freilich nur in der konkreten Anwendung erfahren werden. Im Workshop werden intuitive Musikapps und ihre Anwendungsmöglichkeiten sowohl "solo" als auch im Zusammenspiel mit anderen digitalen und analogen Instrumenten erprobt und ihr Nutzen reflektiert.

Sven Kirsten ist Musiker im Bereich Jazz und Pop, Musikpädagoge und  Sonderpädagoge an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Er ist erfahren in der Arbeit mit verschiedenen inklusiv orientierten Bands wie "Collective One". 

III Abschlusskonzert am 24.09.2022

 Alle Fotos © Oskar Neubauer

Zum Abschluss von Europa InTakt 2022 präsentiert das Ensemble piano plus  Beethovens "Ode an die Freude"  in mehreren Variationen, die in den Workshops entstanden sind. 

Das Ensemble piano plus mit Linda Fisahn, Performance 

Workshop Soundwhackers -  Präsentation beim Abschlusskonzert

Zum Abschluss: Schreiben mit Licht

Workshop Sling-Orchestra  - Präsentation beim Abschlusskonzert

Workshop Bodypercussion und Soundpainting - Präsentation beim Abschlusskonzert 

Workshop Musik-Apps - Präsentation beim Abschlusskonzert 

Mit piano plus beginnt und endet Europa InTakt 2022

Dank

Europa InTakt 2022 wurde möglich durch die umfängliche und großzügige finanzielle Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung Essen und der Bernd Jochheim Stiftung Dortmund. Ohne die engagierte Unterstützung durch das Zentrum für Hochschulbildung zhb der TU Dortmund hätte Europa InTakt 2022 nicht stattfinden können. Der Dank gilt auch Dr. Eva Krebber-Steinberger, der Mitarbeiterin am früheren Lehrstuhl Musikerziehung und Musiktherapie in Pädagogik und Rehabilitation bei Behinderung, ebenso Dr. Meike Wieczorek vom jetzigen Lehrgebiet Musik und Bewegung in Rehabilitation und Pädagogik bei Behinderung der Fakultät Rehabilitationswissenschaften an der TU Dortmund. 


Claudia Schmidt, Leiterin der beteiligten Ensembles piano plus und studio 13 hat ideenreich und unermüdlich zur Qualität des Konzertprogramms beigetragen und die Kompilation aller Workshop-Versionen von Beethovens Ode an die Freude im Abschlusskonzert zu einem sehr sehr schönen musikalischen Ereignis werden lassen. 


Die Workshop-Dozenten aus Rotterdam, Istanbul, Bochum und Saarbrücken waren großartig, ebenso die Ensembles aus Bern, Dortmund, Köln, Istanbul, Novi Sad und Rotterdam. Ihre jeweilige pädagogische und künstlerische Arbeit ist nicht hoch genug einzuschätzen


Dem Verband EUCREA (https://www.eucrea.de/) in Hamburg gilt der Dank für inhaltliche Anregungen, die über das Europäische Symposium "soundform" im Jahr 2019 in Europa InTakt 2022 eingeflossen sind. 


Der Dank gilt auch den Verantwortlichen der Veranstaltungsorte. Insbesondere die Konzerte in der St. Marienkirche in Dortmund haben Europa InTakt 2022 eine besondere Atmosphäre verliehen. Das heitere und technisch bestens ausgestattete Retro-Cafè im Fritz-Henßler-Haus in Dortmund war ein guter Ort für einen gelungenen Abschluss. 


Dank an Denis Cosmar und Crew für Technik und Beleuchtung: Immer freundlich, immer mit der Ruhe, immer konstruktiv-hilfreich. Die Zusammenarbeit war ein Vergnügen. 


Oskar Neubauer gebührt besonderer Dank für die fotografische Dokumentation aller Teilbereiche von Europa InTakt. Ohne seinen Blick auf das Detail wie auf das Ganze wäre Europa InTakt nur eine Erfahrungsfülle und Erinnerungswelt derer, die anwesend waren. Mit Oskar Neubauers Bildern wird Europa InTakt 2022 nicht nur dokumentiert, sondern auch als ästhetisches Ereignis lebendig...


Besonderer Dank geht auch an Jörg Lohner und Katharina Herkommer, das Duo "Bildmischer" aus Regensburg, für die filmische Dokumentation der Konzerte. Es wird noch ein bisschen dauern - aber dann bleibt Europa InTakt 2022 im Internet präsent und wird noch lange als musikalisch-ästhetisches Beispiel und Vorbild für Inklusion dienen.  


Dass der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Herr Jürgen Dusel, die Veranstaltung Europa InTakt eröffnet hat, bleibt ein wichtiges politisches Signal: Musik und Inklusion ist ein gesellschaftlich relevantes Thema. Danke für die Eröffnungsrede! 


Claudia Schmidt (Mitte) und Irmgard Merkt (links) mit dem Ensemble piano plus

Auch Europa InTakt folgt dem Motto von Josef Beuys: 

Ohne die Rose tun wir`s nicht, da können wir garnicht mehr denken! 

 Ohne die Rose tun wir`s nicht, da können wir garnicht mehr denken! 

Grußwort und Ausblick von Irmgard Merkt 

Oktober 2022 

Zunächst eine persönliche Vorbemerkung. Vor zwölf Jahren, zum Zeitpunkt von Europa InTakt 2010, war ich als Professorin an der TU Dortmund im „aktiven Dienst“. Die Gestaltung der Professur „Musikerziehung und Musiktherapie in Rehabilitation und Pädagogik bei Behinderung“ von 1991 an war ein unglaubliches Privileg: Ich konnte in Forschung und Lehre das tun, was mir am Herzen lag. Am Herzen lag mir Zeit meines beruflichen Lebens ein offener Blick auf die Vielfalt musikalischer Ausdrucksformen in aller Welt – die persönliche Liebe zu der Musik, die hierzulande „klassisch“ genannt wird, eingeschlossen – und die Vermittlung dieses offenen Blicks in Seminaren, Vorträgen und Fortbildungen. Empfänger dieses offenen Blicks, der im Übrigen nicht ohne ein gewisses Maß an Selbstdistanz und Humor funktioniert, waren und sind Studierende, interessierte Menschen aus vielen Berufen und Menschen mit Beeinträchtigung. 10 Jahre lang habe ich im Kontext des Projektes Dortmunder Modell: Musik den inklusiv ausgerichteten Chor „stimmig“ geleitet, in dem Beschäftigte aus den Werkstätten für behinderte Menschen und Studierende gemeinsam gesungen haben. Die Hochschullehre auf diese Weise zu gestalten, war mir immer eine besondere Freude.

Seit nunmehr acht Jahren im sogenannten Ruhestand, gelingt es mir immer noch nicht, das zu tun, was manche von einer Ruheständlerin erwarten: Einfach einmal Ruhe geben. Warum aber sollte ich Ruhe geben? Das gesellschaftliche Thema Inklusion, das kulturpolitische und künstlerische Thema Musik und Inklusion ist lebendig, es entwickelt sich weiter. Die nächsten Generationen sind „digital natives“ mit neuen Ideen und Handlungsmöglichkeiten. Mit Interesse und/oder Freude auf Neuentwicklungen zu schauen oder noch besser, zu ihnen – auch kritisch - beizutragen, ist Aufgabe von denkenden und fühlenden Menschen jeden Alters.

Dass die TU Dortmund nach langer Pause noch einmal ein Schauplatz von Europa InTakt werden würde, konnte ich selbst nicht vorhersehen. Zu danken ist es der früheren Rektorin der TU Dortmund, Univ.-Prof. Dr. Ursula Gather, die als heutige Vorsitzende der Krupp-Stiftung ein 10jähriges Jubiläum von Europa InTakt für eine gute Idee hielt. Die  Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung stellte den größten Anteil der notwendigen Mittel für unsere Veranstaltung zur Verfügung. Die Bernd Jochheim Stiftung trug ebenso wie die Stadt Dortmund dazu bei, dass Europa InTakt in der hier angekündigten Form stattfinden kann. Gedacht für 2020 wurde aus bekannten Gründen 2022 daraus.

Die vergangenen Jahre hatten einige bislang nicht gekannte Lernaufgaben nicht nur für die europäischen Gesellschaften. Empathie und der Blick auf Wesentliches in Verbindung mit dem offenen Blick auf die Verschiedenheit der Menschen sind nur einige dieser Lernkapitel. Sie werden da und dort ganz offensichtlich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gelernt. Dass das Motto Europa InTakt – 2003 fand hier in Dortmund die erste Veranstaltung dieses Namens statt – einmal eine solche politische Dimension wie die gegenwärtige annehmen würde – wer hätte sich das vor ein paar Jahren vorstellen können?

Auch Anderes, in kleinerem Rahmen, können sich manche nicht vorstellen. Musik und Inklusion ist zwar viel Arbeit, das stimmt. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, wusste schon Karl Valentin. Musik und Inklusion ist nicht nur, aber immer wieder ebenso heiter wie interessant UND bedeutet nicht nur, aber immer wieder gute Musik. Um diese geht es.

Europa InTakt 2022 widmet sich den künstlerischen und technischen Neuentwicklungen im Bereich der digitalen Medien in Verbindung mit traditionellen Instrumenten. Classic goes digital meint zweierlei. „Classic“ meint das traditionelle und für die menschliche Entwicklung unabdingbare Tätigkeit des Berührens und in Bewegung setzen von Dingen, in unserem Fall von Instrumenten, meint die Notwendigkeit des sinnlichen Erfahrens des Gesetzes von Ursache und Wirkung. „Classic“ meint auch Musikrichtungen wie Barock, Klassik, Jazz, Musik der Welt – und Musizierformen wie Improvisation oder Reproduktion, „Classic“ meint auch Interdisziplinäres wie Musik und Bewegung oder Musik und Lichtkunst. Digital meint den Blick auf das, was die traditionellen Instrumente nicht können. Den Klang eines Instruments so verstärken, dass ein Mensch mit schwerer Behinderung in einem anspruchsvollen Ensemble adäquat mitspielen kann. Aus unwillkürlichen Bewegungen Musik werden zu lassen. Mit Effekten spielen. Und so weiter. Das Gesetz von Ursache und Wirkung auf bislang nie gekannte Weise erfahren. Classic goes digital will keinen Gegensatz, sondern gegenseitige Inspiration.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen heitere, inspirierende und intakte Tage in Dortmund!

Ausblick folgt....


Bernd Jochheim Stiftung Dortmund